Top Dogs

Sujet: Dini Hroß
Premiere:
04.03.2010
Dauer:
-
Spielstätte:
Saal

Besetzung


Bearbeitung
Hakon Hirzenberger


Kostüme
Andrea Bernd

Musik
Sir Henry

Lichtgestaltung
Stefan Pfeistlinger

Lisa Fuchs
© Raphaela Danner
Lisa Fuchs
Matthias Hack
© Tania Marcadella
Matthias Hack
Theo Helm
Theo Helm
Ferdinand Kopeinig
Ferdinand Kopeinig
Daniel Pascal
Daniel Pascal
Judith Richter
© Tom Mesic
Judith Richter
Sven Sorring
© Maddalena-Noemi Hirschal
Sven Sorring

Inhalt

Sie standen einmal ganz oben auf der Karriereleiter, waren im wahrsten Sinne des Wortes on the top. Aber ausgerechnet sie, einst dafür zuständig, Mitarbeiter zu entlassen, stehen nun plötzlich selbst auf der Straße. Was passiert, wenn die Entlasser plötzlich zu Entlassenen werden, zeigt der Schweizer Autor Urs Widmer in seinem Stück und erzählt acht Geschichten jener „Top Dogs“, die bis vor kurzem noch an den Hebeln der Macht saßen und sich jetzt in einem „Outplacementcenter“ – einer Einrichtung für entlassene Führungskräfte – wiederfinden. Hier sollen sie lernen, mit der Arbeitslosigkeit umzugehen und sich auf neue Aufgaben vorzubereiten. Noch wird verdrängt und versucht, die Fassade aufrechtzuerhalten: man spricht von beruflicher Neuorientierung statt von Arbeitslosigkeit. Langsam aber schwinden Selbstvertrauen und Zuversicht, lassen aufkommende Emotionen in das unterkühlte Manager-Seelenleben blicken. Ganz unten angekommen, müssen sie neu „laufen lernen“, die durch die Kündigung entstandenen Schamgefühle beiseite schieben und Motivation und Optimismus zurückerobern …

Für „Top Dogs“, 1996 in Zürich uraufgeführt, erhielt Urs Widmer 1997 den Mülheimer Dramatikerpreis sowie den 3sat-Innovationspreis. In „Theater heute“ wurde es 1997 zum Stück des Jahres gewählt. Mehr als zehn Jahre später ist „Top Dogs“ in Zeiten der weltweiten Wirtschaftskrise erneut von erschreckender Aktualität und entwirft ein ironisches und zugleich berührendes Bild unserer Arbeitswelt.

Einblicke

Dini Hroß
© Dini Hroß
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger

Pressestimmen

Der Arbeitsmarkt ist gnadenlos

„..Ich weiß, ich mag mich!", singen sie anfänglich zögerlich und schließlich mit lautstärkemäßig vernehmbar immer mehr Selbstbewusstsein. Das Publikum wippt im Takt dieses im Stile eines Lagerfeuerromantik-Songs dargebotenen Liedes mit: der Beginn eines wunderbar tragikomischen Theaterabends im Theater Phönix.

Wenn Daniel Pascal in seinem Sessel langsam das Gleichgewicht abhanden kommt, dann legt er dabei eine nonverbale, lachtränentreibende Slapstick-Nummer hin. Währenddessen redet Lisa Fuchs über ihre Arbeitslosigkeit. Aber so ist es eben: Eine Frau spricht - und der Mann, auch wenn er gar nichts sagt, lenkt die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich....

Daniel Pascal ist für die Rolle dieses Machos eine Idealbesetzung: Top-Manager, soeben entlassen, aber er will es nicht glauben - er doch nicht! Er, dieser „Top Dog" mit Führungsqualitäten und allem Drum und Dran. Doch so sind sie alle, die einander in diesem Stück begegnen: keine grindigen Underdogs, sondern smarte „Top Dogs", die Elite unserer Arbeitswelt. Und plötzlich sind auch sie betroffen vom Verlust ihres Arbeitsplatzes. Der Zynismus der Ökonomiesprache hat dafür neue Begriffe geschaffen: Sie arbeiten nun in einer „Outplacement-Agentur" an ihrer „Karrierefortsetzung".

In „Top Dogs", dem 1997 in Zürich uraufgeführten Stück von Urs Widmer (*1939), erweist sich der Schweizer Autor als genauer Beobachter und Zuhörer und als scharfzüngiger und ironischer Schreiber. 1998 folgte die österreichische Erstaufführung am Landestheater Linz, das Stück wurde zum Bühnen-Renner.

Regisseur Hakon Hirzenberger hat es nun mit österreichischem Lokalkolorit, Aktualitätsbezügen, viel Witz und Einfallsreichtum bearbeitet. Die ursprünglich acht Personen hat er auf sieben reduziert, den Text gekürzt und mit, wie anfänglich beschrieben, Gesangseinlagen (zum Zerkugeln auch das kärntnerische „Valosn") und esoterisch angehauchten gruppentherapeutischen Seminar-Szenen erweitert - höchst amüsant! Und trotz aller Komik kratzt er großteils geschickt die Kurve, sodass es in den kurzweiligen eineinhalb Stunden nicht in billigen Klamauk umschlägt.

Er siedelt das Ganze in einer Art Seminarraum an. Dafür hat Georg Lindorfer einen tollen Raum gebaut: Mit einer raumfüllenden blitzblankweißen Matte, die von den im Business-Look gekleideten Top-Managern nur mit bunten Patschen betreten werden darf - ein Bild zum Brüllen! LED-Wohlfühlambiente und Raucherkammerl inklusive. Transparent schwebende Plastiksessel ergeben nicht nur eine hübsche Rauminstallation, sondern haben starke Symbolkraft dafür, dass niemand fest im Sessel sitzt und sich dieser auch schnell als Schleudersitz erweisen kann. Zu all dem dudelt entspannender Musik-Brei.

Tolles Schauspielteam

Das Ensemble brilliert in gut geführter, Typ-perfekter Besetzung in den Rollen der Führungskräfte, die gelernt haben, Emotionen strategisch effizient zu platzieren, sich jedoch aufkeimender Gefühlsduselei kaum bis gar nicht hinzugeben. In dieser Balance zwischen tougher Beherrschtheit und am Rande des Nervenzusammenbruchs agieren Lisa Fuchs, Judith Richter, Matthias Hack, Theo Helm, Ferdinand Kopeinig und die das Phönix-Team bereichernden Gäste Daniel Pascal und Sven Sorring, der großes Potenzial an Komik zeigt.

Dieses Schauspielteam wird in den nächsten Wochen garantiert nicht arbeitslos: Publikumsandrang vorprogrammiert!

Silvia Nagl, OÖN, 06.03.2010

Diese Top Dogs sind ganz, ganz tolle arme Hunde

Premiere: Urs Widmers „Top Dogs", eine Komödie mit ernsten Untertönen über entlassene Manager, im Linzer Theater Phönix

Die Sprache der globalisierten Wirtschaft treibt oft seltsame Blüten. Was früher der Staubsaugervertreter war, heißt heute „Area Sales Manager". Der Großkunden-Betreuer mutierte zum „Key Account Manager". Und unter „Top Dogs" versteht man nicht etwa eine besonders edle Hunderasse, sondern Spitzenmanager. Genau solche bilden das Personal im 1996 uraufgeführten Stück des Schweizers Urs Widmer (Jg. 1938). Bis vor kurzem sind die Sieben noch an den Schalthebeln der Macht gesessen, nun aber selbst Opfer der Wirtschaftskrise und von ihren Konzernen aus den Chefetagen ins „Outplacement Center" abgeschoben worden. In dieser Coaching-Einrichtung für geschasste Führungskräfte sollen sie, immer noch in Anzug und Krawatte, ihre Persönlichkeit „optimieren", positiv denken und sich in Rollenspielen neu erfinden um wieder einen Job zu finden. Doch stattdessen erzählen sie sich von ihren Familien, ihrer Einsamkeit und ergehen sich in Selbstmitleid. Mit viel heiterem Ernst - oder ernster Heiterkeit, ganz wie man will - zeigt Widmer auf, was  passiert, wenn sich Menschen nur noch über ihre Arbeit definieren, ihren Selbstwert einzig daraus beziehen. Eine Besonderheit der rundum geglückten 90-minütigen Linzer Inszenierung von Hakon Hirzenberger ist, dass die Akteure auch in ihren Rollen ihren echten Namen tragen. Noch nie sollte also die Identifikationsmöglichkeit so groß gewesen sein für Lisa Fuchs, Matthias Hack, Theo Helm, Ferdinand Kopeinig, Daniel Pascal, Judith Richter und Sven Sorring. Dass auch sie als Schauspieler von einem Tag auf den anderen plötzlich auf der Straße stehen könnten, auf der „schon Millionen stehen", dürfte angesichts ihrer durch die Bank ausgezeichneten Leistung aber unwahrscheinlich sein. Wunderbar insbesondere auch die beiden Gastdarsteller: Sven Sorring, der als verzweifeltes „Babyface" mit Glatze die Lacher auf seiner Seite hat; und Daniel Pascal, der schon rein optisch optimal ist als soigniert-gelackter, griesgrämiger „Macher-Typ". Bühnenbildner Georg Lindorfer hat dafür das genau passende, kühl-sterile Ambiente einer Personalfirma geschaffen, inklusive der für einige Heiterkeit sorgenden Aufblas-Fauteuils, die diese Top Dogs noch mehr zu armen Hunden machen.

Andreas Hutter, Neues Volksblatt, 06.03.2010

Manager spielen Krieg

„Top Dogs“ im Linzer Theater Phönix:

Die einen nennen es „freisetzen“ oder „abschlanken“, andere sagen „kündigen“. Dass es auch „die Oben“ treffen kann, skizzierte Urs Widmer in seinem Managerdrama „Top Dogs“. Kongenial adaptierte Hakon Hirzenberger das Stück für eine topaktuelle, prickelnde, knallharte Version im Linzer Theater Phönix.

In Zeiten der „Global Players“ ist jeder und alles bedroht: Krieg spielen auch sieben Manager, die sich im „Outplacement“ treffen, um über ihre (künftige) Karriere zu diskutieren. Sie wollen es nämlich nicht wahrhaben, dass sie einfach eingespart worden sind. Wo die Firma doch ihr Leben war...

Dieses Treffen skizzierte der Schweizer Autor Urs Widmer schon 1996 in seinem Stück „Top Dogs“. Heute braucht es ein Weiterdenken und Zuspitzen, was Hakon Hirzenberger großartig gelang. In seiner Regie therapieren sich die Manager gegenseitig. Georg Lindorfers Bühnenbild hält den knallharten Dialogen und beschämenden Outings ein softes Bühnenbild dagegen.

Dem Ensemble Lisa Fuchs, Judith Richter, Daniel Pascal, Matthias Hack, Theo Helm, Sven Sorring und Ferdinand Kopeinig gelangen die Charakterisierungen der Figuren grandios, ihnen galt auch der heftige Applaus!

Vera Rathenböck, Krone, 06.03.2010

Elisabeth Vera Rathenböck, Krone, 06.03.2010

Gefallene Hunde beißen nicht

Der Verlust des Arbeitsplatzes als Erniedrigung des Egos: Das ist das Thema von Urs Widmers Managerstück Top Dogs, das, vor knapp eineinhalb Jahrzehnten entstanden, in Zeiten der Krise wieder an Aktualität gewonnen hat. Das Linzer Phönix Theater hat das ursprünglich auf Schweizer Verhältnisse zugeschnittene Drama stark „verösterreichert“ auf den Spielplan gesetzt. Ein Unterfangen, das als komödiantische Konstruktion äußerst unterhaltsam gelingt.

Im Outplacementcenter, dem Rangierbahnhof für Spitzenkräfte, tummeln sich bekannt anmutende Gestalten: Einer der geschassten Manager trägt Züge von KHG (Matthias Hack), der ehemalige Airliner (Daniel Pascal) erinnert an Alfred Ötsch, und der Hypo-Manager (Ferdinand Kopeinig) ist ein Wiedergänger Stefan Petzners.

Sie alle sitzen karrieretechnisch fest und finden weder im Selbstfindungsseminar noch in aufblasbaren Loungesesseln (Bühne: Georg Lindorfer) richtig Halt. Die emotionale Leere der ehemals so bissigen Rudelführer tritt zutage. Ohne Job kein Seelenleben.

Im ausgewogen stark agierenden Ensemble bleibt den weiblichen Darstellerinnen Lisa Fuchs und Judith Richter die Komik vorenthalten. Sie sind Opfer männlicher Machtgefüge, die bekanntermaßen auf Spitzenebene ebenso gut funktionieren wie anderswo. Bis auf eine üppig geratene Weltverbesserungssequenz vermag die Inszenierung zu überzeugen, entsprechend angetan zeigt sich das Premierenpublikum von Ensemble und Regie.

Wolfgang Schmutz, Der Standard, 03.04.2010

Arbeitsbeschaffung

Durchsichtige, aufgeblasene Fauteuils hängen an Gummischnüren knapp über dem Boden, machen es schwierig, sich draufzusetzen, lassen die Sitzenden immer wieder herauskippen; eines der Möbel verabschiedet sich Richtung Plafond; eine Sitzgelegenheit zu wenig nun: ein fantastisches Bild für Outplacement-Euphemismus für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für geschasste Manager; Spielplatz für die Reise nach Rom für ehemalige und künftige Top Dogs, die am Ende tatsächlich gespielt wird.

Wie das ist, wenn Manager einmal die Rolle derer einnehmen müssen, die sie gefeuert haben, wie sie sich fühlen in Krisen mit läppischen Rollenspielchen, beschreibt Urs Widmer in seinem Erfolgsstück Top Dogs, das Hakon Hirzenberger für das Theater Phönix ausgiebig aktualisiert, bearbeitet und inszeniert hat. Außerdem wurde der Text um Musikeinlagen erweitert – umwerfend komisch schon der Beginn, als sieben Manager/innen im Nadelstreif in bunten Filzpatscherln die große, reinweiße Spielfläche Georg Lindorfers betreten und im Kinderliedton ihr kollektives „Ich weiß, ich mag mich!“ anstimmen oder später a capella das Kärntnerlied „Valosn“ singen. Trotz des großen Maßes an Komik verkommt die Inszenierung aber nie zur Klamotte. Deutlich werden die unterschiedlichen Bewältigungsstrategien der Maßnahmenteilnehmer/innen herausgearbeitet: das Ignorieren der Situation, das Jammern darüber, die Selbstkritik, der Optimismus, die arrogante Angeberei. So wie sie spielen, brauchen sie sich keine Sorgen um den nächsten Job zu machen!

Christian Hanna, OÖ Kulturbericht, 01.04.2010