Schlafende Hunde

Sujet: Dini Hroß
Uraufführung:
04.12.2003
Dauer:
-
Spielstätte:
Saal

Besetzung



Kostüme
Katharina Unger

Lichtgestaltung
Gerald Kurowski


Klaus Beyer
Klaus Beyer
Ingrid Höller
© Margit Berger
Ingrid Höller
Rudolf Jusits
Rudolf Jusits
Werner Landsgesell
Werner Landsgesell
Sebastian Pass
© Moritz Schell
Sebastian Pass
Martina Schwabenitzky
Martina Schwabenitzky

Inhalt

Max, Sohn des Politikers und Präsidentschaftskandidaten Otto Feichtner, gefährdet durch seine wiederholten und spektakulären Selbstmordversuche zu Wahlkampfzeiten Papas Karriere. Um sich des Problems endgültig zu entledigen und um größere Imageschäden abzuwenden, entschließt man sich schweren Herzens zu einer alles bereinigenden Familientherapie. Nichts Ungewöhnliches in einer Zeit, in der schon jeder Dritte einmal bei Psychiater, Lebensberater oder Gestalttherapeut Zuflucht gesucht hat. Doch die Feichtners sind keine durchschnittliche Familie: Vater Otto steckt gerade mitten im Wahlkampf für das höchste Amt im Staate, seine Frau Beate kümmert sich mit ihrer “Charity for family” öffentlichkeitswirksam um die Ärmsten der Armen, während Sohn Felix die finanziellen Geschäfte der Hilfsorganisation überwacht und Nennonkel Clex versucht, die Umfragewerte des Politikers zu steigern. Max‘ suizidale Tendenzen scheinen die einzigen Kratzer am blankpolierten Familiensilber zu sein. Im Verlauf der Therapie wird so allerhand ans Tageslicht gezerrt, worüber man lieber Stillschweigen bewahrt hätte, und so werden statt Gemüter zu beruhigen schlafende Hunde geweckt. Denn der wahre Grund für Max‘ Todessehnsucht liegt in einem furchtbaren Geheimnis, in das alle Familienmitglieder verwickelt sind. 

Erbarmungslos nimmt Thomas Baum, selbst ausgebildeter Lebens- und Sozialberater, das Therapeutenmilieu ins Visier und verstrickt es in einen spannenden Psychothriller voll von grotesker Komik, der ein bitterböses Bild der Verlogenheit von Familie, Politik und Gesellschaft zeichnet.

Mit SCHLAFENDE HUNDE hat Baum nach den erfolgreichen Stücken KALTE HÄNDE, H.J. und SHIT HAPPENS erneut ein Stück für das Theater Phönix geschrieben.

Einblicke

Dini Hroß
© Dini Hroß
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger

Pressestimmen

Ein ganzes Rudel bellt los

URAUFFÜHRUNG: "Schlafende Hunde" von Thomas Baum 

"Ich untersage dir, dich umzubringen. Und zwar schärfstens!". Da kennt Papa Feichtner kein Pardon mit seinem Sohn Max, der bereits zum dritten Male aus dem Leben scheiden wollte. Noch dazu erfolglos. Den Befehlston ist der sich gerade im bundespräsidentischen Wahlkampf befindliche Herr Abgeordnete gewohnt. 

Familie Feichnter begibt sich in Familientherapie. Max soll therapiert werden, doch dabei werden bei allen unzählige "Schlafende Hunde" geweckt. So der Titel des neuen Stückes des Linzer Autors Thomas Baum, das am Donnerstag im Linzer Theater Phönix uraufgeführt und vom Publikum mit viel Applaus bedacht wurde.

Die Bühne ein atmosphärisch gut gelöster Raum von Monika Rovan: mit der Stoffbespannung rundherum und dem Teppich auf dem Boden beinahe kuschelig, bei grellem Lichteinfall aber auch kalt-metallisch glänzend. Ein Raum, aus dem das Bellen der geweckten Hunde nicht hinausdringen soll.

Bub Max, immerhin Mitte 30, bekommt zur Begrüßung von der Mama Manner-Schnitten - das schlechte Gewissen zwischen Waffel und Schokolade gepackt. Ingrid Höller als Mama Feichtner mit Hochsteckfrisur und im Schneiderkostümchen spielt gekonnt die ganze Palette an Frust, Wut und mütterlicher Blick-Kunst durch: durchdringend, nachsichtig bis verzeihend, wegschauend.

Bruder Felix (Werner Landsgesell), in grauer Manager-Schale mit sensiblem Kern, trägt das Grinsen auf den Backenzähnen und die nur mühsame Beherrschtheit vor sich her, bis er zum heulenden Elend wird. 

Ein wahrer Schmähbruder ist Klaus Bayer, der als Pressesprecher nahe am Puls der Macht ist und den festen Griff ins eigene Gemächt pflegt. Die Therapeutin - "brav gelernt, frisch von der Uni, jung und unerfahren" attestiert ihr Papa Feichtner - diese Rolle liegt Martina Schwabenitzky recht gut. 

Der Burg- und Volkstheaterfahrene Rudolf Jusits als Papa Feichtner erstmals Gast im Phönix: ein dezenter Komödiant der feinen Zwischentöne, der sich ganz lässig volksnahe gibt und dann wieder auf Distanz zu allem geht. Sebastian Pass als Max spiegelt eindrucksvoll das Angeekeltsein vor diesem Familienbverbund. Theater darf und soll überspitzen, zuspitzen. Thomas Baum tut es mit diesem Stück in Form der Groteske mit viel Witz und in kurzen, prägnanten Sätzen. Und vor allem mit dem exakten Gefühl dafür, dass die grundsätzliche Tragik in Komik kippt, dabei aber nicht boulevardesk wird, und dass die Komik immer auch etwas Tragisches hat.

Und genau diesen geglückten Balanceakt setzt Regisseur Hakon Hirzenberger in auch genauer Figurenführung um, fügt dem gelungenen Ganzen auch noch genial gelöste Zwischenszenen - wie eine Art Puppenspiel oder den harmonischen Fünf-Gesang - bei. Dank an die Dramaturgie für das Programmheft, in dem auch das Stück abgedruckt ist.

Silvia Nagl, OÖN, 06.12.2003

Linzer Galopp der Gefühle

“Schlafende Hunde“ von Thomas Baum: Eine total verkommene Politikerfamilie erwacht. 

Man soll “schlafende Hunde“ nicht wecken, rät ein volkstümliches Verdrängungsrezept. Thomas Baum, demnächst 45, betreibt das Aufwecken, Aufklären auch als Brotberuf: als Lebensberater, Familientherapeut in Linz. Im jüngsten Stück, “Schlafende Hunde“, sperrt sich eine den Skandal fürchtende Politikerfamilie in ein Therapiezelle. Papa (Rudolf Jusits als feiner Zerrütteter) ist österreichischer Exbotschafter und Nationalratsabgeordneter und will für die Hofburg kandidieren. Mama (hübsch kokett: Ingrid Höller) managt ein weltweites Waisenkinderhilfswerk, der ältere Sohn (Werner Landsgesell) einen Aktienfonds. Der Jüngere (Sebastian Pass als juveniler Schmerzensmann) lenkt - zunächst - unerklärbare Aggressionen gegen die Familie und gegen sich selbst. Über den Spin-doctor (Klaus Beyer, eine Entdeckung) an des Politikers Seite erfährt man, dass er für Papas Geld Mutti gibt, was Papa ihr schuldig bleibt. 

Ein mit Raffinesse gebautes, den Psychorealismus zur antikischen Katastrophe hochtreibendes Worst-Case-Szenario! Eine junge Psychologin (undurchschaubar kühl: Martina Schwabenitzy) führt dort ihre Klienten mal an der kurzen, mal an der langen Leine. Monika Rovan baute drum herum beklemmend enge Wände, hinter denen (im Gegenlicht) wie Schemen die Vergangenheit erscheint. An diesem dramatischen Drucklabor stören aktuelle Politikbezüge (Fototermin mit George Bush, Urne mit der Asche eines Irak-Gefallenen aus Österreich): Auch wer sich wie Thomas Baum von Linz aus ins Welttheater einzuklinken versucht, sollte gegen solchen thematischen Populismus resistent werden. Der aus Wien bekannte Hakon Hirzenberger trieb den Galopp von falschen und wahren Gefühlen, von manchen zu großen und vielen zu kleinen Worten mit sanfter Regiepeitsche zum Erfolg.

Hans Haider, Die Presse, 13.12.2003

Ê“berzeugende Uraufführung von Thomas-Baum-Stück

Schlafende Hunde im Linzer Theater Phönix - Die glänzende Fassade wird gründlich demontiert 

Das Privateste ist auch das Allgemeinste, erläutert Autor Thomas Baum seine Intentionen zu den Schlafenden Hunden, die bei einer Familientherapie der Politikerfamilie Feichtner geweckt werden. Denn Sohn Max wollte sich auf spektakuläre Weise umbringen, mitten im väterlichen Präsidentschaftswahlkampf. So haben sich die Feichtners samt ihrem zweiten Sohn Felix und Ottos smartem Wahlkampfberater zur medial begleiteten Behebung der Störung in der Privatklinik eingefunden, in der Max gelandet ist. Während der Präsident in spe um die Umfragewerte bangt, Mutter Beate sich dagegen wehrt, fremde Hilfe nötig zu haben, und Felix sich als erfolgreicher Banker präsentiert, brechen  was Wunder  die Wunden hinter der glänzend polierten Fassade der Vorzeigefamilie auf. Thomas Baum, selbst als Lebensberater und Supervisor tätig, ist mit Schlafende Hunde ein Stück treffender und packender Gesellschafts- und Medienkritik gelungen. Baum wie auch Regisseur Hakon Hirzenberger wahren geschickt die Balance zwischen Tragik und sarkastischer Komik, die vor allem angesichts des auf Optimismus geeichten Spin Doctors (Klaus Beyer) in befreiendes Gelächter mündet. Ex-Burg-SchauspielerRudolf Jusits als Gast hat das Format für die differenzierte Zeichnung von Otto Feichtner, als frustrierte Gattin läuft Ingrid Höller zu Hochform auf. Aber auch Sebastian Pass (Max) und Werner Landsgesell (Felix) profilieren sich als ungleiche Brüder in der Therapie von Martina Schwabenitzky. Großen Anteil am Erfolg hat auch Monika Rovan, die einen atmosphärisch stimmigen, Transparenz vermittelnden Raum geschaffen hat, der in seiner Reduktion eine adäquate Bühne für die hier aufkommenden Emotionen und Wahrheiten bildet.

Birgit Thek, Neues Volksblatt, 06.12.2003

Spritzige Familientherapie

“Schlafende Hunde“ im Theater Phönix 

In einer erfolgreichen Familie steckt der blanke Wahnsinn! Thomas Baum erklärt in “Schlafende Hunde“ die Bühne zur geschlossenen Anstalt, in der Nettigkeiten aller Art zur Sprache kommen. Hakon Hirzenbergers Regie und tolle Schauspieler machen die Familientherapie zum spritzigen Theaterereignis. 

Max, der Sohn des Präsidentschaftskandidaten Otto Feichtner, gefährdet durch seine Selbstmordversuche Papas Karriere. Deshalb entschließt man sich zu einer Familientherapie. Thomas Baums Stück bedient sich amerikanischer Klischees, verpackt sie aber in einen spannenden Schlagabtausch. In Hakon Hirzenberger hat er einen Regisseur an der Seite, der eine Balance zwischen plakativem Outing und psychologisch fein geschliffenem Eingeständnis herzustellen vermag. Tolles Bühnenbild von Monika Rovan! 

Begnadete Schauspieler peitschen das Kammerspiel ins Hochemotionale: Rudolf Jusits ist ein Politiker, den nichts ins Schleudern bringt. Ingrid Höller spielt seine Gattin zwischen klammernder Mutterliebe und vampartigem Begehren. Brillant: Klaus Beyer als Spindoctor und Werner Landsgsell als Bruder. 

Farblos im Psychoreigen bleiben Max (Sebastian Pass) und vor allem die Psychotante (Martina Schwabenitzky).

Elisabeth Vera Rathenböck, Krone, 06.12.2003